Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
WEICH UND FEDERND -- Janacek Chamber Orchestra im Kronenzentrum Bietigheim-BissingenWEICH UND FEDERND -- Janacek Chamber Orchestra im Kronenzentrum...WEICH UND FEDERND -- ...

WEICH UND FEDERND -- Janacek Chamber Orchestra im Kronenzentrum Bietigheim-Bissingen

am 29.2.2024

Der mehrfache ungarische ECHO-Klassik-Preisträger Gabor Boldoczki (Trompete) und das 1964 gegründete Janacek Chamber Orchestra präsentierten Musik am Hofe des Sonnenkönigs Ludwig XIV. - man machte so Bekanntschaft mit dem berühmten "Versailles".

 

Copyright: Marco Borggreve: Portrait Gabor Boldoczki

Von Jean-Philippe Rameau erklangen zunächst aus der Ballettoper "Les Indes galantes" einige Stücke, die aber keinen Bezug zu Indien haben. Der Gott Amor entsendet hier vielmehr Sänger und Tänzer in die Türkei, nach Peru, Persien und Nordamerika. Mit Schärfe und Treffsicherheit der Charakteristik sowie Klarheit der Harmonie und  Prägnanz der Form kamen hier die Melodien und Themen daher, was sich vor allem bei den "Rigaudons" und "Air des Sauvages" zeigte.

Von Jean-Marie Leclair (dessen Ermordung im Jahre 1764 nie aufgeklärt wurde) erklang dann das Konzert für Oboe und Orchester in C-Dur op. 7 Nr. 3 in der kunstvollen Bearbeitung für  Flügelhorn und Orchester von Soma Dinyes. Die feingliedrige Verbindung des französischen und italienschen Stils ragte dabei facettenreich hervor, wobei Gabor Boldoczki auf dem Flügelhorn brillierte. Kontrapunktische Kniffe und thematische Querverbindungen gingen eine glückliche Verbindung ein.

Von Jean-Joseph Cassanea de Mondonville war die klanglich reizvolle Sonate en symphonie in C-Dur op. 3 Nr. 4 zu hören. Er stand zwanzig Jahre in den Diensten Ludwigs XV. Hier übernimmt die Violine über weite Strecken die Begleitung, was in jeder Hinsicht ungewöhnlich ist. Harmonische Vielschichtigkeit trumphierte in imponierender Weise.

In der nuancenreichen Bearbeitung für Trompete und Orchester von Soma Dinyes fesselte das "Prelude" aus Concert Royal Nr. 2 in D-Dur sowie "Muzette" aus Concert Royal Nr. 3 in A-Dur von Francois Couperin. Der Zauber unendlich fließender Melodien entfaltete sich wie von selbst, Ausweitung und Ausschmückung wurden von diesem Ensemble ausgezeichnet herausgearbeitet. Verzierungen und Figurationen blitzten immer wieder leuchtkräftig hervor, der italienische und französische Stil vereinte sich auch hier in erfrischender Weise.

Von Jean-Philippe Rameau war "Contredanse tres vive" aus der Tragedie lyrique "Les Boreades" in der Bearbeitung für Trompete und Orchester von Soma Dinyes zu hören. Es war der eigentliche Höhepunkt dieses Konzertabends, weil Gabor Boldoczki (Trompete) mit atemberaubender Virtuosität und spieltechnischer Perfektion brillierte. Im Mittelpunkt dieser Oper steht die Liebe zwischen einer Königin und dem einfachen Gehilfen eines Oberpriesters.  Auch bei diesem Werk bestach die Belebung der melodischen Linie mit elektrisierender Energie.

Von Michel Corrette erklang das interessante Concerto comique Nr. 25 "Les sauvages et La Furstemberg", das ungefähr 1760 entstand. Im ersten Satz wird ein berühmter Tanz aus Rameaus "Les Indes galantes" zitiert. Im zweiten Satz überzeugten feine Pizzicati der Streicher. Und "La Furstemberg"  beruht auf der Melodie eines unbekannten französischen Meisters.

Aus der Oper "Scylla et Glaucus" von Jean-Marie Leclair interpretierte das vorzügliche Janacek Chamber Orchestra Overtüre, Sarabande,  Gigue und Air de Demons, wobei die italienischen Einflüsse immer wieder fast unheimlich in melodischen Schlangenlinien hervorstachen.   Man konnte dabei das geschilderte Eifersuchtsdrama der Göttin Circe nachvollziehen, die die Geliebte Scylla des von ihr begehrten Gottes Glaucus in einen Felsen verwandelte.

Zum Abschluss überzeugte das mit Trillern, Intervallsprüngen, Arabesken und Figurationen aufwartende Konzert für Flöte und Orchester in a-Moll von Michel Blavet, das wiederum in einer gelungenen Bearbeitung für Flügelhorn und Orchester von Soma Dinyes zu hören war. Das konzertante Zusammenspiel zwischen dem Orchester und dem mit höchster Brillanz musizierenden Gabor Boldoczki (Flügelhorn) riss das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin.

Als Zugabe gefiel noch eine Air für Trompete mit Al-fresco-Figurationen von Antonio Vivaldi. Wunderbar weich und federnd wurde dabei musiziert.
 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 18 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

IM GESPENSTISCHEN NACHTZIRKUS --- "Das Rheingold" von Richard Wagner in der Staatsoper Stuttgart

Stephan Kimmig verlegt die Handlung von Wagners "Rheingold" in einen unheimlichen Nachtzirkus. Das merkt man schon gleich zu Beginn, wenn die Rheintöchter so ganz ohne Wasser Alberich verführen und…

Von: ALEXANDER WALTHER

Großstadtklänge --- „Surrogate Cities“ von Demis Volpi in der deutschen Oper am Rhein

Auf der leeren Bühne finden sich nach und nach das Orchester, die Tänzer und Tänzerinnen ein. Die Solo Posaune setzt ein und der Zuschauer wird in den Trubel der Straßen einer Großstadt versetzt. Zum…

Von: von Dagmar Kurtz

RÄTSEL UM ERLÖSUNG --- Wiederaufnahme von Richard Wagners "Götterdämmerung" in der Staatsoper STUTTGART

Die verdorrte Weltesche spielt bei Marco Stormans Inszenierung der "Götterdämmerung" von Richard Wagner eine große Rolle. Gleich zu Beginn zerfällt die Wahrheit in seltsame Visionen, der Blick der…

Von: ALEXANDER WALTHER

NICHT AUF DEN LITURGISCHEN BEREICH BESCHRÄNKT --- Bruckners e-Moll-Messe und Motetten bei BR Klassik

Anders als die frühe d-Moll-Messe blieb die 1866 in Linz komponierte e-Moll-Messe nicht auf den liturgischen Bereich beschränkt. Die alten Kirchentonarten stehen bei der Messe in e-Moll von Anton…

Von: ALEXANDER WALTHER

GLUT UND FEUER -- Jubiläumskonzert 40 Jahre Kammersinfonie im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

1984 wurde dieser für die Region so bedeutende Klangkörper von Peter Wallinger gegründet. Unter der inspirierenden Leitung von Peter Wallinger (der unter anderem bei Sergiu Celibidache studierte)…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑