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Staatstheater Kassel rückt das zeitgenössische Musiktheater ins Zentrum des Spielplans

ab 8.3.2024

Rihms „Hamletmaschine“, Uraufführungen von Mithatcan Öcal und Philipp C. Mayer und ein Uraufführungsfestival zur Oper der Zukunft

 

Copyright: Admill Kuyler, Probenfoto Hamletmaschine

Das Staatstheater Kassel widmet die zweite Hälfte der Spielzeit 2023/24 in der Raumbühne ANTIPOLIS dem zeitgenössischen Musiktheater in all seinen radikalen Facetten: Mit Wolfgang Rihms „Hamletmaschine“, Uraufführungen u.a. von Mithatcan Öcal und Philipp C. Mayer und einem viertägigen Festival lotet es neue Opernformen und die Bandbreite der zeitgenössischen Musik unter den Vorzeichen der Spätmoderne aus: all dies in der 360-Raumbühne ANTIPOLIS, die die Grenzen zwischen Bühne und Zuschauerraum aufhebt.

Den Auftakt macht am 8. März der interaktive Musiktheater-Videospielessay „opera – a future game“ mit Musik von Eloain Lovis Hübner und Texten von Thomas Köck. Für das Werk wurde Regisseur Michael v. zur Mühlen im Herbst 2023 mit dem Theaterpreis DER FAUST ausgezeichnet. Mit „Opera – a future game“ sei es gelungen, „das Musiktheater als modernstes Medium zu denken, als Summe der technologischen und medialen Möglichkeiten einer Zeit“, heißt es in der Jury-Begründung.

Ab dem 9. März erobert dann mit Wolfgang Rihms „Hamletmaschine“ nach dem Text von Heiner Müller ein Meilenstein der jüngeren Operngeschichte die Raumbühne: Unter der musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Francesco Angelico laden TANZ_KASSEL, das Schauspiel- und das Musiktheaterensemble zu einem spartenübergreifenden Gesamtkunstwerk und opulenten Massenspektakel mit hunderten Mitwirkenden ein, das auf einen Höllentrip durch die europäische Geschichte führt.

Mit der Uraufführung von „Das Reich der Freiheit“ von Philipp C. Mayer (Komposition) und Teresa Martin (Libretto) am 12. Juni folgt dann ein „Kunststück“, ein absurdes Spektakel zwischen Kunstauktion und digitalem Wahnsinn, das die Kreativität künstlicher wie menschlicher Intelligenz und die Borniertheit selbsternannter Genies auf die Schippe nimmt.

Am 15. Juni kommt in der Raumbühne ANTIPOLIS die mit der Münchener Biennale koproduzierte Oper „Defekt“ von Mithatcan Öcal, einem der größten internationalen Talente der zeitgenössischen Musik, und der interdisziplinären Künstlerin cylixe zur Uraufführung: Die Flucht von der verwüsteten Erde ins Weltall droht in „Defekt“ an den merkwürdigen Eigenheiten eines höchst lebhaften Raumschiffs und des Bordcomputers zu scheitern.

Vom 4. bis zum 7. Juli schließlich lädt das Festival „Davon geht die Welt ____ unter“ u.a. mit Uraufführungen von vier Miniaturopern junger Komponist:innen und Regieteams aus Musikhochschulen und Theaterakademien in ganz Deutschland ein, inklusive einem üppigen Rahmenprogramm von Film über Diskurs bis Party. Ein deutschlandweites Netzwerk junger Musiktheater-Schaffender von Berlin über Hamburg und Frankfurt nach München bringt vier Möglichkeiten für die Zukunft der Oper in die Raumbühne und stellt sich den Untergangsfantasien der Spätmoderne.

Die Termine

opera – a future game
ein post(operatischer)-apokalytischer Videospiel-Essay
mit Musik von Eloain Lovis Hübner und Texten von Thomas Köck, basierend auf der Oper “opera opera opera! revenants&revolutions”
Text und Performance: Thomas Köck, Game Design, Regie und Animation: Michael v. zur Mühlen
Eine Kooperation des NRW KULTURsekretariats und des Next Level Festival for Games, mit HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste.
In Thomas Köcks Text trifft ein Chor letzter Menschen nach einer Katastrophe auf einen Cyborg. Es geht um kollektive Handlungs(un)fähigkeit, Zukunftsprognosen, den Zusammenbruch von Öffentlichkeit und aufscheinende Utopien. Begleitet von einer inneren Stimme durchwandern die User:innen eine Landschaft, die vom Verschwinden der Gegenwart erzählt und von einer Gesellschaft, die Zukunft scheinbar nur noch als Katastrophe denken kann.
Freitag, 8. März, 19.30 Uhr, Opernhaus / ANTIPOLIS (17 Uhr: „Oper zuckt noch“,Podiumsgespräch)

Die Hamletmaschine
Musiktheater in fünf Teilen von Wolfgang Rihm, Libretto von Wolfgang Rihm nach einem Text von Heiner Müller
Mit TANZ_KASSEL, Schauspiel und Musiktheater
Musikalische Leitung: Francesco Angelico, Regie und Choreografie: Florentine Klepper, Valentin Alfery, Bühne: Sarah-Katharina Karl, Kostüme: Miriam Grimm, Video: Robert Läßig
„Die Hamletmaschine“ hebt gewohnte Erzählweisen aus den Angeln, stürzt Ikonen vom Sockel und holt die Apokalypse in die Gegenwart: Das Gespenst von Hamlets Vater geht als Gespenst des Kommunismus um in den Ruinen von Europa. Marx, Lenin und Mao haben einen Auftritt als nackte Sopranistinnen. Und Hamlet und Ophelia verweigern sich der haltlosen Mechanik ihres Schicksals. Rihms Komposition erhebt den bahnbrechenden Text von Heiner Müller zu einem Gesamtkunstwerk mit großem Orchester, mehreren Schlagwerk-Gruppen, Tonbändern, Licht, Massenjubel und einer Vielzahl von schauspielenden, schreienden, singenden Bühnenfiguren.
Regisseurin Florentine Klepper und Choreograf Valentin Alfery rücken die mechanische Körperlichkeit des Stoffs im Tanz in den Mittelpunkt: die Welt als Maschine, jeder Mensch ein Zahnrad.
Premiere: Samstag, 9. März, Opernhaus / ANTIPOLIS, weitere Vorstellungen: 13., 16., 22. und 24. März

Das Reich der Freiheit
ein Kunststück
Musiktheater von Philipp C. Mayer (Komposition) und Teresa Martin (Text und Dramaturgie)
Musikalische Leitung: Viktor Jugovic, Regie: Marlene Pawlak, Bühne: Wolf Gutjahr, Kostüme: Nadia Dapp
Eine Gesellschaft in der nahen Zukunft: Künstliche Intelligenz erledigt alle lästige Arbeit, einziger Lebensinhalt ist es, Kunst zu schaffen. Mittendrin: drei Künstler-Karikaturen. Während der eine mit der von ihm empfunden Kunst-Diktatur hadert, versucht sich der andere an einem perfekten Bild. Wäre da nur nicht das Netzwerk aus künstlicher Intelligenz, das sich langsam auch in die Felder der Kunst ausbreitet …
Philipp Christoph Mayer ist Komponist experimenteller Musik, dessen Werke bei renommierten Festivals wie den Münchner Opernfestspielen und der Münchener Biennale aufgeführt wurden. Teresa Martin, Mitglied im Jungen Kollektiv MusikTheater, entwickelte und betreute bereits etliche Stückentwicklungen und -Uraufführungen, u.a. für die Münchener Biennale. Seit 2021/22 ist sie Musiktheater-Dramaturgin am Staatstheater Kassel.
Uraufführung: Mittwoch, 12. Juni, Opernhaus / ANTIPOLIS

Defekt
Musiktheater-Uraufführung von Mithatcan Öcal mit einem Text von cylixe
Koproduktion mit der Münchener Biennale
Musikalische Leitung: Mario Hartmuth, Regie: Roscha A. Säidow, Bühne und Kostüme: Paula Wellmann, Puppenbau: Lili Laube, Dramaturgie: Kornelius Paede
Die Erde ist verloren. Im Ödland einer rschreckend realen Zukunft nach der großen Katastrophe ist es allerhöchste Zeit, die Biege zu machen. Wer ein Raumschiff hat, kann sich also glücklich schätzen – doch Schiff und Bordcomputer erweisen sich als erstaunlich eigenwillig und lebhaft ...
Der Istanbuler Komponist Mithatcan Öcal steht für starke musikalische Konzepte in einer radikalen Großform, die sich bewusst anti-eklektizistisch versteht. Die Künstlerin cylixe bewegt sich mit ihren Arbeiten quer durch die Bildenden Künste und durch verschiedenste Medien.
Kasseler Uraufführung: 15. Juni, Opernhaus / ANTIPOLIS (Münchener Uraufführung: 8. Juni)

Davon geht die Welt _____ unter
Festival für das Musiktheater der Spätmoderne
Künstlerische Leitung: Kornelius Paede, Teresa Martin, Felix Linsmeier
Mentoring Kompositionsschüler:innen: Elena Mendoza
Musikalische Leitung der Uraufführungen: Viktor Jugovic
Davon geht die Welt nicht unter? Von wegen! Man muss die Krisen feiern, wie sie fallen: mit einer Beschwörung der Zukunft in einem bunten Festival. Gerade das Musiktheater mit all seiner scheinbaren Realitätsferne könnte eine Rettung aus der spätkapitalistischen Selbstzerstörung bieten. Zur Erforschung dieser theatralen (Un-)Wirksamkeit lädt das Staatstheater Kassel junge Kreativteams von den Musikhochschulen in Frankfurt/Main und München ein.
An vier Tagen werden in neu entstehenden Musiktheater-Miniaturen neue und alte Formate erprobt, wie zeitgenössische Operette und Repertoirearbeit. Dazu gibt es ein üppiges Rahmenprogramm mit reichlich Gelegenheit für den Austausch neuer Ideen und zum Feiern.
Donnerstag, 4. Juli, bis Sonntag, 7. Juli, Opernhaus / ANTIPOLIS

 

 

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