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Fokus Ukraine — Europäisches Theaterfestival 777 TAGE ДНІВ DAYS im Düsseldorfer Schauspielhaus

11. – 17.4.2024

Am 11. April sind es genau 777 Tage seit der umfassenden Militärinvasion Russlands in die Ukraine. Unzählige Texte und Theaterinszenierungen sind seit dem 24. Februar 2022 entstanden, haben die Welt berührt und bereichert. Der Krieg aber begann schon 2014. Seitdem verteidigen die Menschen in der Ukraine ihr Leben, ihre Unabhängigkeit, ihre Kultur und unsere gemeinsamen europäischen Werte.

 

Copyright: Düsseldorfer Schauspielhaus

Ab dem 11. April 2024 zeigt das interdisziplinäre Festival vielstimmige künstlerische Positionen aus der Ukraine und dem europäischen Exil: Inszenierungen & Konzerte, Animationen & Projektionen, Tanz & Film bespielen alle Bühnen und die Fassade des Schauspielhauses. An sieben Tagen gibt es ein aufregendes Panorama zeitgenössischer Theaterkunst zu erleben – kuratiert von Festivalleiterin Birgit Lengers und Stas Zhyrkov, dessen aktuelle Inszenierung »Die Orestie. Nach dem Krieg« neben der viel gelobten »Odyssee« (Shortlist Theatertreffen 2024) ebenfalls im Programm gezeigt wird.

Mothers – A Song for Wartime — Sie sind Überlebende. Sie sind vor Krieg und Verfolgung Geflüchtete, Zeuginnen von Gewalt und Zerstörung. Sie nutzen die Macht ihrer Stimmen, um das zu benennen, für das es keine Worte geben kann. Ihr Gesang wird zu einer Anklage, einer Bitte und einer Warnung an uns und alle Menschen in Europa. Nach einer umjubelten wie erschütternden Aufführung beim Festival d’Avignon ist Marta Górnickas Chorstück nun in Düsseldorf zu sehen. »Eine Chorerzählung aus der Kraft der Einzelnen ist dieser Abend, der von dunkler Gewalt erzählt und in heller Menschlichkeit landet. «Berliner Zeitung

Dakh Daughters: Shatter this Rock — Seit ihrem Auftritt auf dem Maidan in Kyjiw sind die Dakh Daughters nicht nur in der Ukraine Kult. Zur Eröffnung des Festivals performen sie ein brandneues musikalisches Gesamtkunstwerk mit Lichteffekten und Videoprojektionen. Die Künstlerinnen erzählen in ihrer Musik von den Schicksalen ihrer Landsleute und mahnen an, diesen Krieg nicht aus den Augen zu verlieren. Seit dem Angriff auf ihr Heimatland leben die Dakh Daughters – mittlerweile die bekanntesten Künstler:innen Kyjiws – in Frankreich.

Green Corridors – Vermessung eines Krieges — Mit unnachahmlich schwarzem Humor porträtiert die Autorin Natalka Vorozhbyt die Menschen im Transit, zeigt ihre Nöte und Kämpfe, wie sie lügen oder von guten und bösen Geistern der Vergangenheit heimgesucht werden. In der Wartezone zu einem neuen Leben in Europa brechen zwischen den Figuren Konflikte auf, die tief hinein in die Geschichte der Ukraine und Europas reichen. Jan-Christoph Gockel inszeniert diese Uraufführung mit einer brillanten ukrainisch-deutschen Besetzung, einer ukrainischen Live-Zeichnerin und Live-Musik. »Vorozhbyts Stück ist fabelhaft. Die Inszenierung ist es auch.« Süddeutsche Zeitung

A Mother’s Heart — Das dokumentarische Musiktheaterstück von Vlad Troitskyi basiert auf persönlichen Texten, die ukrainische Mütter seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine an ihre Söhne geschrieben haben. Darunter auch Briefe von Frauen aus einem Luftschutzkeller in Mariupol und einer Mutter aus Lwiw, deren zwei Söhne an der Front gefallen sind. Diese Dokumente werden ergänzt durch dramatische Texte, Zeichnungen, Live-Video und Musik.

Novecento oder Die Legende vom Ozeanpianisten — Eine große Liebeserklärung an die Improvisationskunst des Jazz und die Geschichte einer höchst ungewöhnlichen Freundschaft: Der begnadete Pianist Novecento trifft auf den Trompeter Tim Tooney, der seinen Freund mit den unvermeidlichen Fragen des Lebens konfrontiert, denen sich auch der größte Künstler nicht entziehen kann. Allein der hereinbrechende Krieg kann diese Freundschaft gefährden. In der Inszenierung von Anton Schreiber, die im Rahmen des Festivals zur Premiere kommt, setzt sich der ukrainische Schauspieler und Steptänzer Yaroslav Ros vor dem Hintergrund seiner Flucht mit dem inneren Exil eines Künstlers auseinander.

146 Stars visible with the naked eye — Das postdokumentarische Musical über die Angst, man selbst zu sein, basiert auf 17 Interviews mit Menschen aus der LGBTQ+-Community in Lwiw. Es erzählt unterhaltsam, berührend und tiefgründig über die Angst vor der Liebe, dem Körper, der Wahrheit und über Akzeptanz. Was zwingt uns in die Norm? Was führt dazu, all das, was nicht passend erscheint, gnadenlos abzutrennen?

Love me, don’t leave — Die Blumenhändlerin Katya – dargestellt von der Ausnahmeschauspielerin Vitalina Bibliv – ist im März 2022 gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Sie flieht nach Deutschland. Ihr Sohn Vitalik bleibt. Er hat, wie die meisten, den Krieg nicht verstanden und meldet sich als Freiwilliger bei der Armee. Sie verliert den Kontakt zu ihm. Ein Theaterstück über ein Einzelschicksal und gleichzeitig eine Dokumentation über Millionen ukrainischer Frauen, die durch den gemeinsamen Schmerz verbunden sind.

Die Giraffe Mons oder Die Geschichte eines Kriegsfrühlings in Charkiw — Familienstück ab 8 — Kunst während des Krieges ist etwas Besonderes. Vor allem in einer Stadt an vorderster Front. Normalerweise fallen hier Dinge vom Himmel, bevor der Luftalarm losgeht. Im permanent angegriffenen, aber unbezwingbaren Charkiw gibt es das legendäre Staatliche Afanasjew-Puppentheater. Jeden Moment kann ein heimtückischer Angriff die packende Geschichte um eine Giraffe, die unter Beschuss lebt, unterbrechen. Eine schreckliche Geschichte und doch eine mit der Hoffnung auf ein Happy End.

HA*L*T — Am 24. Februar 2022 sollen im Left Bank Theatre in Kyjiw die Proben zu »Hamlet« beginnen. An diesem Tag greift Russland die Ukraine an. Die Inszenierung, das Bühnenund das Kostümbild werden »eingefroren«. »Hamlet« wird zu »HA*L*T«, zu einer Aufführung, die nicht stattgefunden hat. »Die Inszenierung verhandelt beeindruckend Sprachlosigkeit und Alptraumhaftes der ukrainischen Gegenwart.« Die Deutsche Bühne

Kofflers Schicksal: Die Goldberg-Variationen — Gemeinsam mit der Autorin Stella Leder begibt sich das Jewish Chamber Orchestra München auf eine musikalische Reise durch Werk und Leben Józef Kofflers, 1896 in Stryj (Ukraine) geboren. Ein Abend über menschliche und kulturelle Zerstörung, in dessen Zentrum die Frage steht, wie Rituale des Gedenkens durchbrochen werden können, um zu einer tatsächlichen Erinnerung als Arbeit an der Gegenwart zu gelangen. Zuletzt spielt ein Streichquartett das Werk »Ukrainian Sketches« (op. 27)

The Traces — Das Duett der Choreografin von Tetiana Znamerovska ist eine getanzte Visualisierung psychologischer Traumata. Es macht sichtbar, wie unsere Kultur, unsere Beziehungen und unser Schicksal von der Vergangenheit geprägt werden. Gleichzeitig zeigt »The Traces«, dass diese Spuren auch der Schlüssel zur Veränderung sein können

Spy Girls — Das Drama beginnt an dem Tag, an dem die Dating-App Tinder nicht mehr funktioniert. Drei Cyber-Aktivist:innen aus der Ukraine und Estland nutzen die Situation der russischen Soldaten in den besetzten Gebieten aus. Mit falschen Profilen versuchen sie, Motive und persönliche Geschichten des Feindes zu erfahren – aber vor allem militärische Ziele und Standorte. Die Inszenierung verbindet investigativen Journalismus, Cyber-Aktivismus und Performancekunst. »Es ist schwer zu sagen, ob der eigene ethische Kompass noch stimmt, weil die technischen Optionen so neu sind und wir uns im Cyberkrieg befinden«, so die Regisseurin Magda Szpecht.

Themenschwerpunkte und Rahmenprogramm — Hochkarätige künstlerische Arbeiten – von Lwiw über Kyjiw bis Charkiw, aus Polen, Frankreich, dem Baltikum und Deutschland – sind versammelt, die sich mit den entscheidenden Fragen unserer Zeit auseinandersetzen: Für was lohnt es sich zu kämpfen? Ist Heimat ein Ort? Was bedeutet Verlust, und wie geht Verzeihen? Ins Zentrum der Arbeiten rückt die Rolle der Frauen: Sie sind Überlebende, Zeuginnen, Kämpferinnen, Geflüchtete, Spioninnen und Mütter. Sie wollen nicht als Opfer, sondern als Protagonistinnen ihrer Geschichten gehört werden. Die weibliche Perspektive steht auch im Fokus der langen Filmnacht, von Impulsen, Gesprächen und Lesungen.

Das Festival lädt am Familiensonntag Kinder und Erwachsene zum Mitmachen und Miterleben ein. Starkoch Denis Kolesnikov zeigt, wie man leckere Wareniki herstellt, Pro-Skater Yurii Korotun und Choreograf Gilb Movenko bieten Workshops an. Zu entdecken gibt es ukrainische Märchen im beliebten Bilderbuchkino. Und vieles mehr! Spektakulär bespielt wird auch die Fassade des Schauspielhauses. Künstler:innen treten nicht nur erstmals live in Düsseldorf auf, es wird auch einen Dialog per Live-Verbindung in die Ukraine geben.

Wie und wann der Krieg endet, ist ungewiss. Das Theater aber eröffnet einen utopischen wie erfahrbaren Raum, in dem Empathie das Gemeinschaftsstiftende unserer Zeit ist. Seien Sie herzlich eingeladen zu theatralen Grenzüberschreitungen und interkulturellen Begegnungen!

Fokus Ukraine  —  Europäisches Theaterfestival  777 TAGE ДНІВ DAYS wird unterstützt von Iryna Shum, Generalkonsulin der Ukraine in Düsseldorf und gefördert durch: Kunststiftung NRW, Land Nordrhein-Westfalen, Landeshauptstadt Düsseldorf, Goethe-Institut, NRW Landesbüro für Freie Darstellende Künste, Polnisches Institut Düsseldorf, Stadtsparkasse Düsseldorf.

Alle Infos: www.dhaus.de/programm/a-z/fokus-ukraine/

 

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